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Zwang und Zwangsgedanken - Wenn Gedanken, Impulse & Handlungen zum Problem werden

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April 11, 2014
PreetzRedakteur

Händewaschen, Aufräumen und Tür abschließen – für die meisten von uns sind diese Vorgänge mit wenigen Handgriffen abgeschlossen. Was aber, wenn einmal Händewaschen nicht ausreicht, wenn die Wohnung auch nach mehrmaligen Putzen nicht sauber scheint und wenn zum achten Mal kontrolliert wird, ob die Tür abgeschlossen ist? Zwei Prozent der Deutschen leiden unter Zwangsstörungen. Diese Menschen verspüren den Zwang, ständig bestimmte Handlungsvorgänge wiederholen zu müssen.

Wie entstehen Zwangsstörungen

Zwangsstörungen entwickeln sich, wenn bestimmte Handlungsweisen zu Ritualen werden. Die rituelle Handlung muss dann nach bestimmten, dringlich zu beachtenden Vorgaben verlaufen. Sobald die Handlung nicht in exakt derselben Weise wie üblich ausgeführt wird, setzt beim Betroffenen Panik ein. Für Außenstehende scheinen diese Zwangshandlungen völlig übertrieben und sinnlos. Als Beispiele sind hier der Waschzwang, der Kontrollzwang oder der verbale Zwang zu nennen. Beim Betroffenen tritt vor der Zwangshandlung ein Impuls auf, der ihn dazu drängt, die Handlung auszuführen. Nach dem Ausführen der Zwangshandlung setzt ein erleichterndes Gefühl ein, was aber nur von kurzer Dauer ist. Schon wenig später erreicht den Patienten ein neuer Zwangsimpuls.

Was ist das Problem

Zwangspatienten leiden unter Zwangsgedanken, die sich Ihnen kontinuierlich aufdrängen, ohne dass die Patienten etwas dagegen tun können. Nicht immer münden diese Gedanken in einer Zwangshandlung. Betroffene grübeln immer und immer wieder oder malen sich die schlimmsten Ereignisse im Kopf aus. Hunderte Male werden bestimmte Gedanken aufgenommen, ohne dass der Gedanke je abgeschlossen wird. Zwangsgedanken sind angstvolle Gedanken, die sich oft darum drehen, jemand Anderem Schaden zuzufügen. Das Besondere ist, dass diese Gedanken bei den Betroffenen bereits als unsinnig erkannt wurden, jedoch trotzdem nicht abgestellt werden können. Zwangsgedanken sowie Zwangshandlungen sind hartnäckig und sehr belastend. Man geht davon aus, dass es sich um Bewältigungsmechanismen handelt, die unangenehme Gefühle unterdrücken sollen. Sierauben den Betroffenen viel Zeit und machen so eine normale Lebensführung unmöglich. In der therapeutischen Praxis gelten Zwänge als schwer behandelbar.

Je früher, desto besser: Behandlungen von Zwangsstörungen

Zwangsstörungen beginnen meist im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter. Meistens dauert es jedoch eine lange Zeit, bis die sich ständig wiederholenden Gedanken, Impulse oder Handlungen als Zwangsstörung erkannt werden. Oft sind es 7 bis 10 Jahre bis die Betroffenen behandelt werden. Ein großes Problem ist dabei, dass sich die Krankheit in dieser Zeit weiter ausbildet und festigt. Es ist festzustellen, dass eine vollständige Heilung einer Zwangsstörung nur in den seltensten Fällen möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit für eine Heilung steigt, je eher mit der Behandlung der Erkrankung begonnen wird. Als erfolgsversprechend gilt die ursachenorientierte Theorie. Diese lässt sich am besten mit der Hypnoanalyse durchführen. Wenn die zugrunde liegenden Emotionen bewusst gemacht werden können und gelöst werden, besteht die Möglichkeit, dass die Zwangsimpulse der Patienten vermieden werden. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Zwangsstörung im Patienten tief verwurzelt ist und mit der Behandlung der Erkrankung ein wichtiger Stabilitätsfaktor im Leben des Betroffenen verloren geht. Im Rahmen der Behandlung muss deshalb auch immer eine Ich-Stärkung vorgenommen werden, also auch Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen gestärkt werden. Aber Hypnoanalyse wirkt nicht bei allen Zwangspatienten. Das kann daran liegen, dass der verankerte Kontrollzwang Tiefenhypnose verhindert. Als Alternative kann dann eine verhaltenstherapeutische oder medikamentöse Behandlung durchgeführt werden.

Zurzeit findet an der Fakultät für Naturwissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg eine Studie zu Entscheidungsprozessen bei Zwangsstörungen statt, in der mit Hilfe von Hirnstrommessung untersucht werden soll, wie die Veränderungen bei der Zwangsstörung mit den Verarbeitungsmechanismen im Gehirn zusammenhängen. Personen im Alter von 18 bis 50 Jahren, die unter dieser Krankheit leiden, können sich bei der Studienleiterin Dr. Tanja Endrass unter neuropsychologie@ovgu.de melden. Für die Teilnehmer dieser Studie wird eine Aufwandsentschädigung gewährt.

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