Dr. Norbert Preetz

Soziale Phobie

Inhalt:

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Ausgrenzung aus der Gemeinschaft und Einsamkeit sind für ihn eine schwere Belastung. Der Verstoß aus der Sippe und kommt in manchen Kulturen einem Todesurteil gleich. Dennoch gibt es Menschen, die beim Kontakt mit anderen Menschen starke Ängste erleben. Man spricht hier von einer sozialen Phobie. Diese ist gekennzeichnet durch dauerhafte irrationale starke Ängste die bei der Anwesenheit anderer Menschen auftreten.

Menschen mit sozialer Angst meiden gesellschaftliche Zusammenkünfte. Sie vermeiden es, im Mittelpunkt zu stehen oder die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich zu ziehen. Sie fühlen sich in Gesellschaft anderer ständig beobachtet und kritisch bewertet. Die Angst vor einer negativen Bewertung ist so groß, dass sie sozialen Situationen meiden, wann immer es möglich ist. Sie vermeiden familiäre und berufliche Feiern und Veranstaltungen. Sie verreisen nicht mehr, vermeiden es Vorträge zu halten und an anderen privaten und beruflichen Veranstaltungen teilzunehmen. Die soziale Angst fokussiert sich um die Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen in kleinen, überschaubaren Gruppen und nicht um die Angst in Menschenmengen.

Mensch mit einer sozialen Phobie haben eine unangemessen starke Angst, negativ aufzufallen, sich lächerlich zu machen, die Erwartungen anderer nicht zu erfüllen, gänzlich zu versagen und als Person abgelehnt zu werden. Die Furcht, dass ihnen ihre Nervosität angesehen werden könnte, führt zu einer zusätzlichen Verstärkung der Angst.

Die soziale Phobie, die sich unter anderem auch durch Ängste äußert, andere Menschen persönlich oder telefonisch anzusprechen oder angesprochen zu werden, öffentlich zu reden oder sich zu präsentieren, führt zu erheblichen Einschränkungen im persönlichen wie auch im beruflichen Leben. Unzählige fachlich kompetente Menschen haben aufgrund ihrer sozialen Ängste berufliche Entwicklungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten nicht genutzt. Die Angst, mit Menschen aus dem alltäglichen Umfeld zu sprechen, wie beispielsweise mit Kollegen und Nachbarn und besonders auch die Angst, das andere Geschlecht zu kontaktieren hat natürlich auch extreme persönliche Konsequenzen.

Unbehandelt führt die soziale Phobie aufgrund des mit ihr verbundenen Vermeidungsverhaltens zu sozialer Isolation und zur Vereinsamung und damit häufig zur Entwicklung weiterer psychischer Probleme. Zu den Folgen gehören Depressionen und weitere Angststörungen sowie auch der Missbrauch von Beruhigungsmitteln, Alkohol und Drogen, welche konsumiert werden, um die Ängste zu lindern.

Soziale Ängste sind häufig verbunden mit einem niedrigen Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, Sowie mit der Angst zu erröten (Errythrophobie). Wenn es nicht möglich ist, die Angst besetzten sozialen Situationen zu vermeiden, reagieren die Betroffenen körperlich und psychisch angespannt und entwickeln Angstsymptome wie Herzrasen, Zittern, Atemnot, Schwitzen, Übelkeit sowie auch Harndrang und Durchfall. Die Angst kann sich bis hin zu Panikattacken verstärken. Durch die Aufregung kommt es nicht selten zu Sprechhemmung und zu häufigen Versprechern. Andere Menschen sprechen in diesen Situationen wiederum sehr schnell und beginnen zu nuscheln oder auch Wörter zu „verschlucken“. Manche Patienten können in sozialen Situationen nicht mehr essen oder trinken, weil sie so stark zittern, dass sie Getränke verschütten oder ihnen das Essen von der Gabel fällt.

Um all das zu vermeiden, entwickeln Menschen mit sozialen Ängsten ein ausgeprägtes Meidungsverhalten, um allen Situationen, in denen sie der Bewertung anderer ausgesetzt sein könnten, aus dem Weg zu gehen. Die Soziale Phobie gehört neben der Agoraphobie und den Panikattacken zu den häufigsten Angststörungen.

Der Unterschied zwischen Schüchternheit und sozialen Phobie

Die Grenzen zwischen Schüchternheit und der sozialen Phobie sind fließend. Schüchterne Menschen sind kontaktscheu und im Umgang mit anderen Menschen unsicher und gehemmt. Auch sie erleben Angstsymptome und vermeiden bisweilen Situationen, in denen sie abgelehnt werden könnten. Bei Menschen mit einer sozialen Phobie sind die Ängste jedoch sehr viel stärker und häufiger als bei schüchternen Menschen. Sie haben ein noch geringeres Selbstbewusstsein, ein noch geringeres Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl und eine noch größere Angst vor Abwertung und seelischer Verletzung. Während die Unsicherheit schüchterner Menschen von anderen in einem gewissen Maße nachvollzogen werden kann, sind die starken und unangemessenen Ängste von Menschen mit sozialer Phobie, die aufgrund geringste Anlässe auftreten, für andere nicht mehr nachvollziehbar.

Die Wurzeln der sozialen Phobie liegen in aller Regel in belastenden und prägenden Erlebnissen der Kindheit, aufgrund derer die Betroffenen kein gesundes Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl entwickeln konnten. Häufige Kritik und Ablehnung durch die Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen oder auch belastende Erlebnisse bewirken, dass sich die Betroffenen Kinder als störend, wertlos und nicht liebenswert erlebten. Sie haben ein sehr negatives Bild von sich selbst, können sich nicht lieben und akzeptieren und projizieren diese Ablehnung auf andere Menschen. Sie halten sich selbst für wertlos und nicht liebenswert und sind überzeugt dass andere Sie ebenfalls so negativ wahrnehmen und beurteilen.

Sie wachsen auf in der ständigen Angst vor Ablehnung und tun alles, um andere nicht zu enttäuschen und deren Anerkennung zu bekommen. Oft entwickeln sie auch eine ausgeprägte Leistungshaltung, um sich beispielsweise in der Schule, im Beruf oder im Sport die fehlende Anerkennung zu holen. Aufgrund ihres geringen Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls sind sie übersensibel, leicht verletzbar und kränkbar.

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