Artikel:

Unterwerfung durch Hypnose

November 3, 2010
PreetzRedakteur

In „Harry Potter“ gibt es einen Zauber, mit dem man einen Anderen mit einem einzigen Wort in einen Zustand versetzen kann, in dem dieser völlig willenlos ist und alle Befehle ausführt, selbst die grausamsten Verbrechen. Müssen Sie auch an Hypnose denken? Was ist dran an der Möglichkeit, andere Menschen gegen ihren Willen in Sekunden bewusstlos zu machen, sie als Opfer oder auch Täter zu benutzen und alles aus ihrem Gedächtnis zu löschen?

Bei meiner vorletzten Fortbildung in der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, wurde die Bitte an mich herangetragen, dieses Mal keine Hypnosedemonstration durchzuführen. Der Hintergrund war die Sorge, dass jemand in der Hypnose etwas sagen würde, was er sonst nicht sagen würde (etwas Privates, Vertrauliches ausplaudert) oder nach der Fortbildung eventuell einen Unfall verursacht oder anderen Schaden erleiden könnte.

Diese Sorge war Ausdruck des Bemühens des Veranstalters, nicht nur qualitativ hohe Fortbildungsinhalte sicherzustellen, sondern auch in jeder Hinsicht für das Wohl der Fortbildungsteilnehmer zu sorgen. Ich fragte nach, denn bei allen bisherigen Fortbildungsveranstaltungen war bei den Hypnosedemonstrationen sehr deutlich geworden, dass die Hypnosen für den Hypnotisierten zu einer für jeden sichtbaren Verbesserung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens beitrug.

Die Überzeugungskraft des Fernsehens und der Showhypnose

Der Hintergrund für dieses Verhalten war, dass in einer sehr populären Sendung die Hypnose in sehr überzeugender Weise so dargestellt wurde, dass der Hypnotisierte vollkommen willenlos den Befehlen des Hypnotiseurs ausgeliefert sei.

Ein Nachfragen unter den Teilnehmern der Veranstaltung ergab, dass die große Mehrzahl von ihnen davon überzeugt war, es reiche das bloße Fingerschnipsen des Hypnotiseurs, um jemanden in Hypnose zu versetzen. In Hypnose wäre der Hypnotisierte nicht bei Bewusstsein und den Befehlen des Hypnotiseurs willenlos ausgeliefert. Hinterher wisse der Hypnotisierte dann nicht mehr, was er getan habe. Diese Überzeugungen erwiesen sich den Aufklärungsversuchen gegenüber als sehr hartnäckig. Es herrschte die Überzeugung, dass jeder Mensch auch gegen seinen Willen auf diese Weise hypnotisiert werden könnte.

Durch Fingerschnipsen in Hypnose gelangen

Nehmen Sie sich bitte einmal einen Moment Zeit und überlegen Sie, was es für Sie persönlich bedeuten würde, wenn Sie jederzeit mittels Fingerschnipsen in einen derartigen Zustand versetzt werden könnten! Sie gehen durch ein Kaufhaus, durch einen Park oder unterhalten sich mit einem Bekannten oder Sie werden einfach nur nach der Uhrzeit gefragt, und innerhalb von einer Sekunde kann der andere Sie unterwerfen und Sie zwingen, Dinge zu tun, die Sie sonst niemals tun würden. Gäbe es irgend einen Platz auf der Welt, an dem Sie noch sicher wären?

Jeder weiß, dass es Menschen gibt, die stehlen, betrügen und gnadenlos andere Menschen zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen, insbesondere wenn sie sicher sein können, nicht ertappt zu werden. Glauben Sie nicht, dass das hypnotische Fingerschnipsen, mit dem man den anderen zu einem willenlosen Opfer oder Täter machen kann nicht rigoros von vielen Kriminellen benutzt werden würde?

Wenn es diese Möglichkeit wirklich gäbe, würde kein vernünftiger Mensch mehr ohne einen zwei Meter großen und zwei Zentner schweren Bodyguard die Nähe anderer Menschen zulassen. Aber was, wenn dieser Bodyguard mit den Fingern schnipst und Sie sich hinterher nicht mehr daran erinnern würden, welche Befehle Sie ausgeführt haben? Was, wenn ein Freund, ein Bekannter oder ihr Partner diese Möglichkeit nutzen würde?

Wenn dies tatsächlich so wäre, wäre dann nicht jeder Platz unserer Welt ein höchst gefährlicher Ort? Das „perfekte Verbrechen“ wäre an der Tagesordnung und wir alle wären nur Marionetten krimineller Menschen. Bei Harry Potter gibt es für die Anwendung dieses Unterwerfungszaubers übrigens die Höchststrafe, ein lebenslanger Aufenthalt in dem furchtbaren Gefängnis „Askaban“.

Sollten wir uns von diesen Ängsten abhalten lassen, Heilung zu finden?

Lassen Sie uns dieses Szenario beenden. Die hier beschriebenen (falschen) Vorstellungen bezüglich der Hypnose und die Angst vor Missbrauch sind weit verbreitet, auch unter Ärzten und Therapeuten. Diese Vorstellungen sind teilweise so  unrealistisch, dass man eigentlich darüber lächeln könnte. Leider richten sie einen realen Schaden an. Denn falsche Vorstellungen und unbegründete Ängste bezüglich der Hypnose sind der Hauptgrund, warum diese so wirksame Heilmethode nicht sehr viel häufiger zum Wohle vieler Menschen angewendet wird.

In einem der folgenden Blogbeiträge werde ich die wichtigsten falschen Vorstellungen benennen und darüber aufklären und Ihnen helfen, ein realistischeres Bild von Hypnose zu bekommen.

Falls Sie sich schon vorher mit dem Gedanken tragen, einen Hypnosetherapeuten aufzusuchen und sich bisher nicht getraut haben, suchen Sie sich einen seriösen und von den Hypnosegesellschaften anerkannten Therapeuten, dann sind Sie auf der sicheren Seite.

PS: Nach dem sich die Verantwortlichen der Ärztekammer noch intensiver mit der Hypnose befasst hatten, boten sie an, die sehr anschaulichen und aussagekräftigen Hypnosedemonstrationen in den Fortbildungsveranstaltungen wieder durchzuführen.

Über diesen Artikel

AUSGEZEICHNET.ORG