Dr. Norbert Preetz

Agoraphobie

Inhalt:

Bedeutung von Agoraphobie

Der Begriff „Agoraphobie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet in wortwörtlicher Übersetzung Furcht (phóbos) vor dem Markt (agorá). Ersetzen wir den Begriff „Markt“ durch „öffentliche, weiträumige oder gut besuchte Plätze“, kommen wir dem Phänomen der Agoraphobie näher: Denn darunter lässt sich eine Angststörung verstehen, die an bestimmte Plätze, Orte oder Situationen gebunden sind.

Das Besondere an diesen Räumen oder Situationen ist, dass der Agoraphobiker fürchtet, dort

  • nicht schnell genug entkommen zu können, falls eine bedrohliche Situation eintritt, oder
  • durch sein Verhalten Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Psychotherapie unterscheidet die Agoraphobie klar von der Klaustrophobie. Während der Agoraphobiker eher die Weite und Unübersichtlichkeit eines Platzes fürchtet (Markt), den es zu überqueren gilt, ängstigt sich der Klaustrophobiker vor engen, geschlossenen Räumen, die ihn zu erdrücken scheinen.

Die umgangssprachliche Verwendung des Begriffes „Platzangst“ wirkt sich hier oft verwirrend aus. Als Faustregel kann man sich merken:

  • Beim Agoraphobiker bedeutet Platzangst, dass er Angst vor großen oder vor öffentlichen Plätzen hat, die unübersichtlich oder gut besucht sind. Er fürchtet, sich darin zu verlieren oder aufgrund seiner Symptome aufzufallen.
  • Beim Klaustrophobiker zeigt sich die Platzangst in engen oder geschlossenen Räumen und Menschenansammlungen. Er fürchtet, erdrückt zu werden oder ersticken zu müssen.

Beide Phobien eint jedoch letztlich, dass die Betroffenen sich davor ängstigen, einer Situation, die sie als unangenehm bis lebensbedrohlich empfinden, nicht entkommen zu können. Dabei handelt es sich um Situationen, die für Menschen ohne Platzangst keine Gefahr oder psychische Belastung darstellen. Angehörigen und Freunden fällt es deshalb oft schwer, die Angst des Agoraphobikers nachzuvollziehen und die Notwendigkeit einer Psychotherapie zu akzeptieren.

Die eigene Panik, der Kontrollverlust beim Einsetzen von Panikattacken und das Unverständnis der Umgebung führen häufig dazu, dass Agoraphobiker Situationen oder Orte meiden, von denen sie wissen, dass sie die Angst begünstigen. Dabei führt gerade dieses Vermeidungsverhalten zu einer Verstärkung der psychischen Störungen, denn dem Agoraphobiker fehlt auf Dauer die Erfahrung, dass die erwarteten Bedrohungen nicht eintreten.

Psychischer Leidensdruck, Vermeidungsverhalten und Angstzustände können zudem eine weitreichende soziale Isolation zur Folge haben. Betroffene ziehen sich vollkommen in ihr als sicher empfundenes Zuhause zurück und vermeiden die angstauslösenden Situationen. Es entwickelt sich eine Angst vor der Angst, in einigen Fällen treten zusätzlich depressive Verstimmungen bis hin zu suizidaler Gefährdung auf, sodass vorübergehend ein Aufenthalt in einer Klinik für Psychosomatik oder Psychotherapie angeraten sein kann.

Agoraphobie mit Panikstörung

Typische körperliche Symptome einer Agoraphobie sind

  • Schwindel und hoher Blutdruck
  • Übelkeit und das Gefühl einer drohenden Ohnmacht;
  • Schmerzen in verschiedenen Körperregionen oder auch Herzschmerzen und Herzrasen;
  • Zittern und Schweißausbrüche.

Diese Symptome kennzeichnen zugleich ausgeprägte Panikstörungen, Die Psychotherapie spricht hier auch von einer generalisierten Angststörung, die von folgenden weiteren Symptomen begleitet sein kann:

  • der situationsbezogenen, aber „übertrieben“ wirkenden Angst, verrückt zu werden oder zu sterben;
  • anhaltenden Einschlafstörungen;
  • starker Hitze- oder Kälteempfindlichkeit;
  • Verspannungen und Atemproblemen;
  • Nervosität, Reizbarkeit oder innere Unruhe,
  • Konzentrationsstörungen.

Generell lassen sich Phobien daher auch als spezifisch ausgeprägte Angststörungen bezeichnen. Eine Agoraphobie kann jedoch wie andere Phobien vorübergehend auftreten. Von einer generalisierten Angststörung spricht man daher erst, wenn körperliche und psychische Symptome sich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in besonderer Schwere manifestieren.

Doch ist eine Agoraphobie nicht an das Auftreten von Panikattacken gebunden. Sie kann selbst Auslöser einer (generalisierten) Angststörung sein oder aber dieser untergeordnet werden.

Möglich ist zudem, dass die Agoraphobie infolge einer frühkindlichen Traumatisierung auftritt. Dabei kann es später auch zu einer Abspaltung der ursprünglichen Ängste und zu einer Übertragung auf andere Situationen kommen, sodass es schwer ist, das zugrundeliegende psychische Trauma aufzudecken.

Die gesteigerte Furcht der Betroffenen wird von Außenstehenden als unangemessen betrachtet. Doch spätestens, wenn der Leidensdruck so groß geworden ist, dass Betroffene sich nicht mehr aus dem Haus trauen, wenden sich Angehörige oder die Agoraphobiker selbst dann an Mediziner oder Psychotherapeuten, die Angststörungen oder Phobien mithilfe diagnostischer Verfahren einzugrenzen versuchen.

Statistisch gesehen sind Frauen häufiger von einer Agoraphobie mit Panikstörungen betroffen als Männer. Das erstmalige Auftreten der Panikstörung ereignet sich zumeist zwischen dem 14. und 25. Lebensjahr. Die Phobie führt zum Erleben einer extremen gesundheitlichen Bedrohung und kann sich bis zur Todesangst steigern. Die eigentliche Panikattacke dauert rund 15 Minuten an, die Bedrohung aber wird darüber hinaus als bleibend erlebt.

Treten die phobischen Ereignisse und Panikattacken mehrmals innerhalb eines Monates auf, sollten diese bereits als Panikstörungen begriffen werden, die den Betroffenen erheblich einschränken, und entsprechend stationär oder während eines Aufenthalts in einer Klinik therapeutisch behandelt werden.

Verschiedene Kliniken, wie beispielsweise die zur Wicker Gruppe gehörende Hardtwaldklinik, unterhalten eigene Abteilungen für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, in denen Diagnostik und Behandlung durchgeführt werden können. Das Unternehmen Wicker betreibt zudem Akut-Krankenhäuser und hat sich in den sogenannten Wicker Kliniken auch auf die Behandlung von Panikattacken spezialisiert.

Sind Sie unsicher, ob überhaupt eine Phobie oder eine generalisierte Angststörung vorliegt? Möchten Sie mehr über den Zusammenhang von Psyche und Somatik (Psychosomatik) erfahren? Oder wollen Sie sich als Angehörige informieren, wie Sie einem Agoraphobiker mit Angststörungen helfen können? Auf dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Onlineportal „psychenet“ erhalten Sie ausführliche Informationen. Betroffene können auf psychenet.de zudem einen kurzen Selbsttest machen.

Ursachen und Symptome der Agoraphobie

Kann eine körperliche Erkrankung ausgeschlossen werden und deutet sich an, dass es sich bei den psychischen Störungen tatsächlich um eine Agoraphobie handelt, kommen therapeutische Maßnahmen zur Heilung in Betracht. Hierzu zählen die kognitive Verhaltenstherapie und insbesondere die Konfrontationstherapie.

Die Konfrontationstherapie setzt bei einem Merkmal an, das in der Vorgeschichte des Erkrankten zu einer Verstärkung seiner Ängste geführt hat: dem für Phobiker typischen Vermeidungsverhalten. Dieses gilt es zu verändern, da sich die Angststörung nur auf diesem Wege auflösen lässt. Die Betroffenen sollen also lernen, sich den angsteinflößenden Situationen bewusst auszusetzen, um

  • zu erfahren, dass die erwartete Bedrohung nicht eintritt.
  • neue und angemessene Bewertungen und Strategien zu entwickeln.
  • die Agoraphobie als Einschränkung ihrer Lebensqualität wahrzunehmen, sodass die Motivation steigt, sich mit den wirklichen Ursachen zu befassen und/oder die Symptome „loslassen“ zu wollen.

Speziell der letztgenannte Punkt mag für Menschen, die selbst noch keine Angststörung erheblichen Ausmaßes erlitten haben, seltsam klingen. Ist nicht der Leidensdruck bei einer Panikstörung Grund genug, die Angst „loslassen“ zu wollen?

Doch erleben Phobiker den sozialen Rückzug aus öffentlichen Räumen und Veranstaltungen zunächst als Möglichkeit, sich beschützt und sicher zu fühlen. Dadurch entsteht letztlich eine paradoxe Bindung an die Angst. Gibt es keinen Grund sich zu fürchten, entfällt nämlich auch die Begründung für den Rückzug. Die Angst oder die angsteinflößende Bedrohung muss also zumindest gedanklich erhalten bleiben, damit der Phobiker sein Vermeidungsverhalten aufgrund der Störungen weiterhin aufrechterhalten kann.

Erst, wenn er begreift, in welcher Weise sein Vermeidungsverhalten zu einem Verlust an Lebensqualität führt, wird er daher bereit sein, sich seinen Ängsten zu stellen. Eine Konfrontationstherapie hat daher nichts mit typischen Fragen und Aufforderungen zu tun, wie der Agoraphobiker sie beispielsweise von Angehörigen oft zu hören bekommt. Dazu gehören Aussagen wie:

  • Stell dich nicht so an!
  • Reiß dich mal zusammen!
  • Du brauchst keine Angst zu haben.
  • Was soll denn schon passieren?
  • Man muss sich seinen Ängsten stellen!

Die Konfrontationstherapie setzt letztlich nicht bei der Angst und ihren Symptomen, sondern bei dem Wunsch nach mehr Lebensfreude der Betroffenen an. Sie hilft ihnen, die angstauslösenden Situationen zu bewältigen, ohne sich dabei auf die Begleitsymptome zu fokussieren, da sie diese eben nur als Symptome und nicht als Ursachen begreift. Eine schrittweise Desensibilisierung führt schließlich dazu, dass der Agoraphobiker seine Angst verliert oder doch zumindest beherrschen lernt und sich damit private wie öffentliche Räume zurückerobert.

Die Konfrontationstherapie ist vor allem bei Phobien erfolgreich, die sich klar eingrenzen lassen. Liegen der Agoraphobie traumatische Erfahrungen zugrunde und/oder kam es zu einer Übertragung von Ängsten, kann eine aufdeckende Hypnosetherapie die bessere Wahl sein.

Im Rahmen der Hypnoanalyse ist es dem behandelnden Psychotherapeuten möglich, bei betroffenen Agoraphobikern die emotionalen Ursachen der Agoraphobie und der damit verbundenen Panikattacken aufzudecken und zu lösen und somit den Betroffenen einen Lösungsweg aufzuzeigen.

Ein Vergleich kann das Geschehen verdeutlichen: Während Sie diesen Text am Desktop oder an einem mobilen Gerät lesen, nehmen Sie nur wahr, was sich an der Oberfläche abspielt. Im Hintergrund aber beeinflusst ein Quelltext oder Quellcode, was und wie Sie etwas sehen. Als Laie registrieren Sie diesen für gewöhnlich nicht.

Auch ein Trauma oder eine Übertragung von Ängsten führen dazu, dass bei den von einer Agoraphobie Betroffenen beständig ein solcher im Unterbewusstsein verankerter Quelltext ihre Reaktionen und Sichtweisen beeinflusst. Daher ist es wichtig, diesen Quellcode im Rahmen einer Hypnotherapie lesbar zu machen und neu zu programmieren.

Qualifizierte Hypnosetherapeuten finden Sie auf unserer Therapeutenliste.

Wollen Sie selbst etwas dafür tun, eine Phobie zu überwinden? Würden Sie Ihre Ängste allgemein gern ein wenig „zähmen“, um an Lebensqualität zu gewinnen? In unserem Seminar „Aktivierung der Selbstheilungskräfte“ geben wir Ihnen zwei kraftvolle Methoden an die Hand, die Ihnen sofort helfen, diese Ziele zu erreichen.

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