Dr. Norbert Preetz

Stottern

Stottern, was ist das?

Allein in Deutschland stottern fast eine Million Menschen mehr oder weniger stark (Einheitliche Zahlen in Bezug auf die Häufigkeit des Stotterns liegen nicht vor. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass ca. ein Prozent der Erwachsenen und vier Prozent der Kinder in Deutschland stottert). Stottern beginnt meist im Alter von zwei und fünf Jahren. Jungen sind dabei etwa fünfmal häufiger betroffen als Mädchen.

Stottern ist ein Problem, dass das Leben der Betroffenen nachhaltig einschränkt. Viele Patienten haben infolge des Stotterns psychische Problem bis hin zu sozialen Phobien oder depressiven Störungen. Ein Teil von ihnen leidet auch unter psychosomatischen Störungen. Sie haben einen hohen Leidensdruck, können aber in aller Regel keine Heilung finden.

Es gibt bis heute keine Definition des Stotterns, die die gesamte Komplexität des Problems berücksichtigt und als allgemeingültig betrachtet werden kann. Definitionen wie „Stottern ist eine auffallend häufige Unterbrechung im Redefluss“ können nicht als allgemeingültig angesehen werden, da aufgrund perfektionierter Vermeidungsstrategien des Stotternden die Symptome häufig nicht wahrnehmbar sind (Langjährige Stotterer vermeiden oft bestimmte Laute und Wörter und bauen ihre Sätze so auf, dass sie „gefährliche“ Passagen umgehen). Jeder Versuch, das Stottern zu definieren, hat sich bisher als unzureichend erwiesen.

Stottern ist eine Redeflussstörung. Es gibt zwei verschiedene Formen des Stotterns, klonisches und tonisches Stottern. Das klonische Stottern ist durch Teil-Wort Wiederholungen gekennzeichnet, bei denen einzelne Buchstaben beim Beginn des Sprechens wiederholt werden (D-D-D-Dachbalken). Das tonische Stottern ist durch Verlängerungen gekennzeichnet und äußert sich durch ein Steckenbleiben im Redefluss: „Dachbbb…alken“. Darüber hinaus gibt es eine Mischform, die tonisch-klonisches Stottern genannt wird. Neben Teil-Wort-Wiederholungen und Verlängerungen gibt es auch Blockierungen (—– Dachbalken).

Stottern ist bei vielen Kindern häufig zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr zu beobachten. Dieses physiologische Stottern verliert sich in aller Regel wieder von alleine (Auch das Stammeln ist bis zum 4. Lebensjahr des Kindes keine besorgniserregende Erscheinung).

Viele Stotterer leiden unter Schuld, Scham und geringem Selbstbewusstsein, geringem Selbstvertrauen und geringem Selbstwertgefühl. Sie schämen sich wegen ihres Sprachproblems und fühlen sich schuldig, dass sie nicht in der Lage sind, das zu erreichen, was sie erreichen könnten, wenn sie flüssig sprechen würden. Stottern ruft oft ein Gefühl von Wertlosigkeit hervor. Stotterer vermeiden oft Blickkontakt mit ihrem Zuhörer. Stotterer versuchen, das Stottern anderen Menschen gegenüber zu verbergen und vermeiden beispielsweise für sie schwierige Wörter, und greifen auf Ersatzworte zurück. Manche Stotterer sind mit dieser Technik so erfolgreich, dass oft noch nicht mal die Partner wissen, dass sie stottern.

Sie benutzen beispielsweise unnötige Füllwörter wie “weißt du” usw. weil diese ihnen den Beginn des Satzes erleichtern. Viele Stotterer vermeiden Gespräche wann immer möglich, um das Stottern zu vermeiden. Dadurch resultieren weitere Einschränkungen in ihrer persönlichen, sozialen und beruflichen Entwicklung. Stottern ist weit mehr als eine Sprachstörung.

Die Erfahrungen, die ein Stotternder macht, beeinflussen sein Leben. Die daraus resultierenden Persönlichkeitsmerkmale haben sich bis zum Erwachsenenalter fest ausgeprägt.
Das Stottern ist weitestgehend automatisiert.

Stottern: Ursachen

Bezüglich der Ursachen von Sprech- und Sprachstörungen werden die Psyche, Vererbung oder gar kleinere Störungen des Gehirns diskutiert. Je nach Sichtweise wird dann auch der therapeutische Zugang begründet. Mir persönlich scheint die sogenannte „multifaktorielle“ Sichtweise am zutreffendsten. Diese besagt, dass eine Störung nur durch ein Zusammenwirken mehrerer verschiedener Ursachen entsteht. Wie bei anderen Erkrankungen, gibt es auch beim Stottern eine Disposition (Veranlagung), die aber erst im Zusammenhang mit psychischen Faktoren zum Tragen kommt. Zum erstmaligen Auftreten des Stotterns kommt es immer erst in einer bestimmten emotional belastenden Situation.

Stottern ist keine Unfähigkeit, flüssig zu sprechen, sondern ein Symptom, das in Situationen auftritt, in dem der zugrundeliegende unbewusste Konflikt angesprochen wird. Für eine ausgeprägte psychische Komponente spricht auch, dass Stotterer prinzipiell in der Lage sind, flüssig zu sprechen, beispielsweise, wenn sie zu Tieren, zu kleinen Kindern oder zu sich selbst sprechen oder beim Singen, Flüstern oder beim Aufsagen von Gedichten. In Hypnose ist übrigens jeder Stotterer in der Lage, fehlerfrei zu sprechen.

Gängige Therapien des Stotterns

Die Behandlung des Stotterns erfolgt in der therapeutischen Praxis sehr häufig ambulant (einzelne Stunden pro Woche), aber auch teilstationär (einzelne Tage pro Woche), stationär (mit Übernachtung) als Intensivtherapie (gesamter Tagesablauf ist durch therapeutische Arbeit geprägt) oder Intervalltherapie (Anfangsblock mit Auffrischungskursen, dazwischen Therapiepausen).

Die meisten der heute angewandten Stottertherapien beruhen auf logopädischen Sprachübungen und werden von Logopäden und Sprachheilpädagogen behandelt. Ziel des Sprechtrainings ist ein ungehemmter Sprachfluss. Eine Sprachtherapie, die sich nur auf den Sprachmechanismus konzentriert, geht aber vollkommen an den Ursachen des Stotterns vorbei und ist zum Scheitern verurteilt. Mit logopädischen Mitteln werden zwar oft kleine Fortschritte erzielt eine vollständige Heilung wurde jedoch niemals erreicht.

Auch Entspannungstraining (Autogenes Training, Yoga, Meditation) oder Atemtherapie setzen an der Symptomebene an und nicht an den Ursachen. Selbst wenn Hypnose angewandt wird, umfasst sie meist nur Entspannung und Suggestionstherapie. Damit ist auch diese Form der Hypnosetherapie symptomorientiert und langfristig unwirksam.

Bisweilen werden auch Medikamente gegen das Stottern eingesetzt. Diese können das Stottern zwar vermindern, solange diese eingenommen werden. Medikamente, die zu einer Entspannung der Muskeln führen, lassen dabei eine Wirkung erkennen, während angstreduzierende Medikamente keine Wirkung zeigen. Nach dem Absetzen kehrt das Stottern jedoch meist unvermindert wieder. Insbesondere bei längerer Einnahme muss mit schädlichen Nebenwirkungen gerechnet werden.

Seelische Ursachen werden in den gängigen Behandlungsansätzen entweder vollständig ausgeschlossen oder als wenig bedeutsam angesehen. Selbst verschiedene psychotherapeutische Methoden behandeln bei der Therapie des Stotterns auf der Symptomebene.

Im psychotherapeutischen Bereich werden Stottertherapien am häufigsten mit folgenden Methoden durchgeführt: Verhaltenstherapie / Kognitive Verhaltenstherapie, Gestaltpsychotherapie, Individualpsychologische Ansätze, Andere analytische / tiefenpsychologische Ansätze, Kurzzeittherapeutische Verfahren / Lösungsorientierte Ansätze, Neurolinguistisches Programmieren (NLP), Hypnotherapeutische Verfahren (M. Erickson), Kindzentrierte Verfahren / Spieltherapeutische Ansätze, Gesprächspsychotherapeutische Verfahren, Systemische / familientherapeutische Ansätze. Auch wenn einige der verwendeten psychotherapeutischen Methoden das Anliegen verfolgt, die Ursachen aufzudecken, sind sie in aller Regel doch wenig erfolgreich, dieses Ziel auch wirklich zu erreichen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die üblichen Behandlungsmethoden nur auf der Symptomebene ansetzen und die Ursachen des Stotterns nicht aufdecken und neutralisieren. Deshalb lassen sich – selbst wenn diese Methoden in verschiedenen Kombinationen zu komplexen Behandlungsansätzen zusammengefasst werden – auch nur Teilerfolge und in aller Regel nur kurzfristige Erfolge erzielen.

Behandlung des Stotterns mit Hypnose

Auf Grund der gängigen Behandlungspraxis ist es nicht verwunderlich, dass in medizinischen Fachkreisen noch immer der fatale Grundsatz gilt: „Stottern ist nicht heilbar“ (nachzulesen im „Pschyrembel“, der Bibel der Mediziner).

Wie weiter oben beschrieben, kann der stotternde Patient in entspannter und angstfreier Situation problemlos flüssig sprechen. Das Stottern tritt um so stärker zu Tage, je mehr eine Situation bewusst oder unbewusst mit Ängsten verbunden ist. Wenn es gelingt, in den betreffenden Situationen die Angst zu vermindern, wird der Patient natürlich wieder leichter und flüssiger sprechen können.

Es gibt aber auch noch einen anderen Behandlungsansatz der Hypnosetherapie. Bereits vor einem halben Jahrhundert wurde von dem amerikanischen Hypnotherapeuten Dave Elman gezeigt, dass Stottern heilbar IST, und zwar schnell und einfach durch die Anwendung der Hypnoanalyse. Diese Form der Hypnosebehandlung (und nicht die allgemein übliche Suggestionstherapie in Hypnose) ist die einzige mir bekannte Therapie, die das Stotter-Problem an der Wurzel anpackt. Bereits Elman zeigte, dass das Stottern häufig unmittelbar nach der Hypnoanalyse nachhaltig und dauerhaft gebessert ist. Er demonstrierte, dass häufig nur wenige Sitzungen nötig sind, um das Stottern dauerhaft zu bessern oder zu überwinden. Es kam auch vor, dass das Stottern unmittelbar nach der ersten Behandlung vollständig überwunden war.

Wie so oft, so trifft auch für das Stottern zu: Es sind nicht komplizierte psychologische Ursachenkomplexe, die das Stottern verursachen. In der Mehrzahl der Fälle entstand das Stottern in der Kindheit in einer Situation, in der sich der Junge / das Mädchen den Konflikt hatte, sprechen zu wollen aber nicht zu dürfen oder aber gezwungen wurde zu sprechen, obwohl er / sie nichts sagen wollte. Wenn die auslösende Situation bewusst gemacht wurde, verlor sie ihre krankmachende Wirkung. Das Stottern war gebessert oder auch geheilt!

Es gibt Tonbandmitschnitte von Ausbildungsseminaren, in denen die teilnehmenden Ärzte ihre Patienten mitbrachten, an denen Elman die vermittelten Behandlungsmethoden demonstrierte. So gibt es auch Aufzeichnungen, in denen er während der Demonstration die Ursache des Stotterns aufdeckte. Unmittelbar danach trat das Stottern nicht mehr auf. Er gab diesen Patienten die Verhaltensanweisung, innerhalb der nächsten 30 Tage bei Wiederauftreten des Sprechproblems an die aufgedeckte Auslösesituation zu denken und das Stottern würde augenblicklich verschwinden. Danach sei das Problem dauerhaft überwunden.

Dave Elman war ein wirklicher Meister der Hypnose, der nicht nur zeigte, dass dem Stottern ein seelischer Konflikt zugrundeliegt, sondern es auch möglich ist, das Stottern zu heilen. Er betonte jedoch folgendes: Da Stotterer in aller Regel neben dem Sprachproblem noch unter anderen Problemen leiden, ist es oft empfehlenswert, nach der Überwindung des Sprechproblems weitere Sitzungen durchzuführen, um Folgeprobleme zu überwinden.

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