Introvertierte Menschen haben in unserer Gesellschaft häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. Das liegt daran, dass das In-sich-gekehrt-Sein Introvertierter oft falsch verstanden wird, beispielsweise als Schüchternheit, Abneigung oder Desinteresse. Wenn man „introvertiert“ ist, bedeutet das aber keineswegs, dass man auch einsam und unsozial ist. Und man hat auch nicht gleich eine soziale Phobie. Im Gegensatz zur sozialen Phobie ist Introversion keine psychische Störung sondern ein fester Wesenszug. Dieses Charaktermerkmal entsteht nicht allein durch Einflüsse von außen, sondern ist auch teilweise angeboren. Die Gene bestimmen mit, ob eine Person eher extrovertiert oder introvertiert ist. Das heißt aber nicht, dass eher introvertiert Geborene nicht extrovertiert sein können. Extro- und Introversion lassen sich auf einer Skala messen mit den jeweiligen Endpunkten. Eine Person kann im Laufe ihres Lebens in gewissen Rahmen verschiedene Positionen auf dieser Skala einnehmen.
Ob ein Mensch eher introvertiert oder extrovertiert ist, liegt an seinem Gehirnaktivitätspotential. Studien haben bewiesen, dass introvertierte Menschen über eine höhere Gehirnaktivität verfügen und so Stimuli intensiver wahrnehmen. Das bedeutet, dass es schneller zu einem Reizüberfluss kommt, der für die Betroffenen sehr energieraubend und belastend ist. Extrovertierte hingegen brauchen mehr Stimuli, um ein für sie angenehmes Reizlevel zu erreichen.
Introvertierte Menschen ziehen sich in Stresssituationen eher zurück und verbleiben in ruhigen Situationen. Sie verfügen über Freunde, davon aber wenige, welche sie auch nicht in Krisensituationen ansprechen. Die Unterstützung von außen wird unterschätzt. So kommt es dazu, dass Depressionen und ein erhöhtes Suizidrisiko mit Introversion korrelieren. Untersuchungen haben ergeben, dass introvertierte Menschen häufig unter Schlafstörungen leiden. Statt im Bett zu schlafen, wird die Ruhe und Einsamkeit dafür genutzt um nachzudenken und zu grübeln.
In der Gesellschaft besteht der Glaube, dass Introversion soziale Phobie sei. Mit diesem Irrtum haben wir bereits aufgeräumt. Trotzdem kann nicht abgestritten werden, dass introvertierte Menschen und soziale Phobien regelmäßig zusammen auftreten. Eine soziale Phobie kann behandeln und überwinden (s. Kapitel „Soziale Angst„).
Vergessen Sie die Vorurteile, die gegen Introversion bestehen. Fokussieren Sie sich auf Ihre Stärken und Potentiale, beispielsweise, dass sie reflektierter und sehr viel unabhängiger von Ihrer Außenwelt sind als Extrovertierte.
Finden Sie heraus wie viel Außenkontakte und Reize für Sie in Ordnung sind. Es ist wichtig für Ihr Wohlbefinden, dass Sie die Balance zwischen zu viel und zu wenig finden. Haben Sie die einmal gefunden, können Sie ihren Alltag danach ausrichten.
Am besten entspannen Sie in ruhigen Situationen. Greifen Sie öfter zu einem guten Buch oder machen Sie einen Spaziergang, um Ihre Akkus wieder aufzuladen.
Sobald Sie über einen längeren Zeitraum Erschöpfung, massive Schlafstörungen oder depressive Stimmungen an sich bemerken, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, weil Ihre Introversion das Auftreten psychischer Störungen wie Depressionen begünstigt. Vorbeugend wirken Selbsthilfemethoden, beispielsweise aus dem Buch „Nie wieder Angst“. Durch die Selbsthypnose lernen Sie ihre Gedankenspiele abzuschalten und sofort in einen Zustand der Entspannung zu gehen.